Digitalisierung in Arztpraxen

Die Digitalisierung spielt in nahezu allen Lebensbereichen eine zunehmend zentrale Rolle und verändert das Gesundheitswesen grundlegend. In Arztpraxen bietet die Digitalisierung das Potenzial, die Effizienz zu steigern, die Qualität der Patientenversorgung zu verbessern und langfristig die Kosten zu senken.

Was ist Digitalisierung?

Digitalisierung geht im Gesundheitswesen weit über die Nutzung von E-Rezepten, E-Arztbriefen und E-Patientenakten hinaus. Die Digitalisierung bringt Innovationen in die Praxisabläufe und ermöglicht die Implementierung digitalisierter Prozesse, die analoge Methoden wie z.B. das Fax ersetzen. Im Praxisalltag kann eine digitale Praxisorganisation, Kommunikation und die Einführung einer digitalen QM-Lösung zur Entlastung des Praxisteams beitragen.

Die elektronische Patientenakte (ePA) wird für Patientinnen und Patienten nutzbar sein, was eine Schnellsuche nach gezielten Informationen ermöglicht und auf diese Weise den Mehrwert für alle Beteiligten steigert. Die ärztliche Kommunikation wird durch eArztbriefe, digitale Austauschplattformen wie „KIM“ und digitale Inhalte verbessert, was zu einer effizienteren Vernetzung unter den Leistungserbringern und somit zur optimierten Versorgung der Patienten führen soll.

Vorteile der Digitalisierung in der Praxis auf einen Blick

Zentralisierte und zugängliche Patienteninformationen durch elektronische Patientenakten
Effizienzsteigerung durch automatisierte Prozesse sowie einen schnelleren Informationsaustausch
Erhöhte Patientensicherheit durch ein digitales Medikationsmanagement, klare Dokumentation und automatische Warnhinweise
Zeit- und Kosteneinsparung durch effiziente Ressourcenplanung mithilfe von digitalen Systemen
kontinuierliche Fort- und Weiterbildung der Mitarbeitenden durch E-Learning
Entlastung des Praxisteams durch Automatisierung und Digitalisierung von administrativen Prozessen (z. B. Terminbuchung online)

Digitalisierung in Arztpraxen: Akzeptanz innerhalb der Praxis

Wie steht es um die Digitalisierung in deutschen Arztpraxen? Dieses Thema ist bei uns, der InnovaPrax, ein immer wiederkehrendes Thema. Aus diesem Grund wurde im Jahr 2018 eine Befragung und Auswertung im Rahmen einer wissenschaftlichen Arbeit mit der Hochschule Rhein Waal durchgeführt. Die Fragestellung behandelte nicht nur den Stand der technischen Entwicklung, sondern auch die Akzeptanz unter den MFA — mit zum Teil überraschenden Ergebnissen.

Digitalisierung als Lösung gegen den Fachkräftemangel

Eine statistische Weisheit hängt über dem Gesundheitswesen wie ein Damoklesschwert: Die Bevölkerung wird immer älter! Das statistische Bundesamt prophezeit, dass sich die Zahl der Hochbetagten bis zum Jahr 2060 verdoppeln wird. Damit einhergehend wird ein Anstieg der medizinischen Behandlungsfälle erwartet. Doch bereits heute trifft der Fachkräftemangel insbesondere Arztpraxen, Zahnarztpraxen und Patienten, vor allem im ländlichen Bereich. Politik, Ärzteschaft, Patienten, Kassen und technische Dienstleister stehen also vor der Herausforderung, den Mangel an Kräften gegenüber einer stetig wachsenden Fallzahl zu kompensieren und gleichzeitig allen Hilfsbedürftigen angemessene, medizinische Hilfe zu Teil werden zu lassen. Hierzu können neue digitale Strukturen ein wichtiges Hilfsmittel werden, um Ärzte wie Fachkräfte im Praxisalltag zu entlasten und die Ressourcen effektiv auf die Patienten zu verteilen.

Digitalisierung in der Arztpraxis — mehr als nur das Praxisinformationssystem

Hand auf’s Herz, wie steht es in Ihrer Praxis um die Digitalisierung. Ihre Abrechnungen werden seit Jahren über die gängigen Softwarelösungen für GOÄ oder EBM erledigt. Aber dann? Digitalisierung umfasst deutlich mehr als die finanzielle Absicherung der Praxis. Die Erstellerin der Arbeit beschreibt eingehend die vielfältigen Einsatzfelder. Neben der Abrechnung geht sie explizit auf die Praxisverwaltung und ‑organisation ein. Seit 2019 stehen Arztpraxen in der Pflicht, Telematikstrukturen vorzuhalten. Diese sollen nicht nur die schnelle und effiziente Kommunikation mit den Kostenträgern sicherstellen. Ebenso sieht der Gesetzgeber vor, dass Stammdaten elektronische Arztbriefe oder Medikations‑, Arzneimittelverordnungs- und Therapievorschlagsdaten sicher verwaltet und einheitlich durch die Anwender abrufbar sind. Eine prüfbare Verbesserung der Patientensicherheit war eins der Ziele der neuen Regeln.

Seit 2021 haben alle Versicherten der gesetzlichen Krankenkasse Anspruch auf eine elektronische Patientenakte (ePA) und eine elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU), die die bisherigen papierbasierten Prozesse ersetzenEbenso wurde das E-Rezept als Ersatz für Papierrezepte eingeführt. Diese können effizient in der Praxis sowie in Apotheken genutzt werden.

So können auch vermeintlich banale Handlungen durch digitale Lösungen im Arbeitsalltag beschleunigt werden. Insbesondere in der logistischen Praxisverwaltung und dem Bestellwesen haben sich in vielen Praxen bereits Softwarelösungen mit Hardwarekomponenten durchsetzen können. Durch eine kontinuierliche Mengen- und Bedarfsüberwachung können materielle Ressourcen bedarfsgerecht eingesetzt und bestellt werden. Dies ist auch im Sinne der Nachhaltigkeit fortschrittlich. Geht es um Hygiene und Arbeitssicherheit können QM-Nachweise und Dokumente in Arztpraxen digital in einer QM-Software archiviert und gelenkt werden, so dass das gesamte Praxispersonal jederzeit die entsprechenden Maßnahmen einsehen und umsetzen, sowie dokumentieren kann. So kann die Arztpraxis ihr Wissen organisieren und Abläufe transparent machen. In den vergangenen Jahren hat sich der Bereich der eHealth und Telematik in der Medizin einen hohen Stellenwert erkämpft. Das Konzept des Telenotarztes hat sich etabliert und auch Online-Sprechstunden sind mittlerweile weit verbreitet und werden von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen.

Mit dem im März 2024 in Kraft getretenen Digital-Gesetz (DigiG) sollen digitale Lösungen wie beispielsweise ePA und E-Rezept noch weiter vorangetrieben werden, um den Versorgungsalltag zu verbessern und die Digitalisierung im Gesundheitswesen zu beschleunigen. Es tut sich viel in Puncto Digitalisierung.

“Wie steht es um Ihre Praxis?”- Umfrage offenbart Handlungsbedarf

Mit Hilfe einer Online-Befragung unter MFA und Arzthelferinnen hat sich die Erstellerin einen Überblick über den aktuellen Stand der Digitalisierung in Arztpraxen verschafft. Die Umfrage war auf mehreren berufsgruppenspezifischen Online-Portalen zugänglich. Insgesamt beteiligten sich 130 MFA und Arzthelferinnen im Alter zwischen 18 und 60 Jahren an der Umfrage. Die Mehrheit der Befragten bewegte sich in der Altersgruppe zwischen 30 und 49 Jahren. Der überwiegende Teil entfiel auf Vollzeitkräfte, die meisten davon waren in der Anmeldung tätig, ein weiterer signifikanter Anteil entfiel auf die Behandlungsassistenz. Rund 30 Prozent der teilnehmenden MFA arbeiteten in Praxen in Nordrhein-Westfalen, jeweils rund 15 Prozent aus Baden-Württemberg und Niedersachsen und 14 Prozent kamen aus Bayern. Auf die übrigen Bundesländer entfielen eher marginale Anteile. Überraschenderweise gaben immer noch einige MFA an, dass sie in der Praxis keinen Zugang zum Internet hätten. Dies verwundert angesichts der neuen gesetzlichen Vorgaben.

“Wählen Sie die notwendigen Cookies!” — Fallstrick Datensicherheit

MFA kennen den Bogen aus Ihrer täglichen Praxis. Zur digitalen Weitergabe und Nutzung von Daten müssen die Patienten ihr Einverständnis erklären. Nach der DSGVO-Hysterie im Mai 2018 blieben viele Prozesse in einem Feld zwischen Angst und Unwissenheit stecken. Obwohl die Gesetzeslage bereits Jahre vor dem Stichtag bekannt war, wurden die meisten Gesundheitsdienstleister von den Anforderungen der DSGVO kalt erwischt. Neben Stilblüten, wie dem nicht namentlichen Aufrufen der Patienten, herrschte insbesondere bei der digitalen Verarbeitung von Patientendaten eine große Verunsicherung. Immer schwingt auch die Angst des Datenmissbrauchs mit. Veröffentlichungen zu Datenpannen schüren auch bei den Patienten Ängste über ihre Datensicherheit. Zu nennen wäre hier der aufgetretene Skandal über mehrere Tausend im Netz abrufbare Röntgen- und CT-Bilder. Arztpraxen sind aufgrund ihrer sensiblen Daten zunehmend zum Ziel von Angriffen geworden. Die Folgen solcher Attacken reichen von gestörten Abläufen bis hin zu ernsthaften Gefahren für die Patientensicherheit. Die IT-Unternehmen sind in der Pflicht, sichere Lösungen für den täglichen Gebrauch zu finden und regelmäßig zu aktualisieren. Für Hacker stellt eine vermeintlich sichere Software nur einen Anreiz für eine neue Challenge dar. Gerade im sensiblen Bereich von Gesundheitsdaten sind Lecks eine vertrauenszerstörende Behinderung auf dem Weg zu einer digitalen Anbindung. Die mögliche Bedrohung wird noch verschärft durch die eher miserablen Ausstattungen vieler Praxen in Bezug auf die Cybersicherheit. Trotz der steigenden Bedrohungslage bleibt die Sicherheitsinfrastruktur oft unzureichend, was das Risiko für weitere Datenpannen erhöht und die digitale Transformation im Gesundheitswesen behindert. Das Misstrauen gegenüber Ärzten, Versicherungen und Behörden im Hinblick auf den Gesundheitsstatus des Einzelnen wird dadurch geschürt.

Zurück in die Zukunft

Der Arbeit liegen Umfragewerte aus dem Jahr 2018 zu Grunde. In der Literaturrecherche finden sich Quellen deutlich älterer Jahrgänge. Vor dem Hintergrund der neuen Gesetzeslage und der rasanten Entwicklung im Bereich der künstlichen Intelligenz in medizinischen Unterstützungssystemen haben sich in den vergangenen Jahren erhebliche Veränderungen ergeben.

Rahmenbedingungen und technische Möglichkeiten haben sich stark verbessert. Für eine erfolgreiche Digitalisierung ist es jedoch weiterhin wichtig, dass durch Praxen gezielte Bedürfnisse analysiert und digitale Strategien entwickelt werden. Politische Strukturen und kontinuierliche Infrastrukturverbesserungen bleiben wichtige Faktoren für die weitere Entwicklung.