Gefährdungsbeurteilungen in der Praxis

Die Gefährdungsbeurteilung ist ein zentrales Element im Arbeits- und Gesundheitsschutz. Doch allzu oft haben vor allem Arztpraxen keine ordentliche Gefährdungsbeurteilung. 

Das liegt vor allem daran, dass die Verantwortlichen wenig Zeit haben und die Methoden und Anforderungen undurchsichtig erscheinen. Daher wollen wir hier eine allgemeine Vorgehensweise beschreiben und hilfreiche Tipps geben. Allgemein gilt: 

Die Gefährdungsbeurteilung ist Arbeitgeberpflicht und ein essenzieller Part des Arbeits- und Gesundheitsschutzes. Die Erstellung einer solchen Gefährdungsbeurteilung für eine Zahn- / Arztpraxis oder ein Pflegeheim kann in sieben Schritten erfolgreich umgesetzt werden.

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In 7 Schritten zur Gefährdungsbeurteilung


Die Verantwortung für den Arbeitsschutz und die Sicherheit sowie Gesundheit der Angestellten hat am Ende die Geschäftsführung. Daher sollten vorab Entscheidungen über den künftigen Sicherheitszustand der Praxis oder Einrichtung getroffen werden. Auch die Verantwortung für die Gefährdungsbeurteilung verbleit bei der Leitung. Dennoch können diesbezüglich auch Aufgaben an fachkundigen Personen, wie die Fachkraft für Arbeitssicherheit (Sifa), abgegeben werden. Es muss allerdings festgelegt werden, wer denn überhaupt alles in den Prozess involviert ist und hilft. Des Weiteren sind Betriebsrat und Mitarbeitervertretung, wenn vorhanden, über alle Angelegenheiten des Arbeitsschutzes zu informieren. Die Personalvertretung hat bei der Gefährdungsbeurteilung des Weiteren Mitbestimmungsrechte. Es ist zu empfehlen systematisch Arbeitsbereiche der Betriebsorganisationen festzulegen oder alternativ einzelne Tätigkeiten zu erfassen.

Die Gefährdungen analysieren / ermitteln

Im ersten Schritt müssen die Gefährdungen ermittelt werden. Eine Gefährdung wird unter anderem durch chemische, biologische und mechanische Einwirkungen ausgelöst. Von Belastungen hingegen spricht man, wenn Mitarbeiter durch äußere Bedingungen und Anforderungen des Arbeitssystems physisch oder auch psychisch belastet werden.

Die meisten Gefährdungen und Belastungen entstehen durch:

  • die Gestaltung und Einrichtung der Arbeitsstätten und Arbeitsplätze
  • die Gestaltung, die Auswahl und der Einsatz von Arbeitsmitteln
  • die Gestaltung von Arbeitsabläufen und Arbeitszeiten
  • eine unzureichende Qualifikation und Unterweisung

Die tätigkeitsbezogene Analyse ist die Basis für die vorausschauende Ermittlung möglicher Gefährdungen und Belastungen. Es sollte in jedem Tätigkeitsbereich der Arztpraxis oder des Pflegeheims ermittelt werden, welche Gefährdungen und Belastungen dort auftreten können. Die Befragung von Angestellten kann nützlich sein.

Die Gefährdungen beurteilen und Ziele setzen

Nun müssen alle erfassten Gefährdungen und Belastungen im Einzelnen betrachtet werden und festgestellt werden, ob hier Handlungsbedarf für Arbeitsschutzmaßnahmen besteht. Es sollte eingeschätzt werden, ob ein Risiko akzeptabel oder inakzeptabel ist. Diese Beurteilung richtet sich danach, wie wahrscheinlich eine Gefährdung, ein Unfall oder eine Belastung ist und wie gravierend auch die Folgen sein können. Bei jeder Gefährdung sollte zudem ein Ziel definiert werden, was man im Nachgang auch überprüfen kann. Es bietet sich eine Einteilung in drei Risikoklassen an:

Akzeptanz

Alle Risiken, die man als Restrisiken akzeptieren kann.

Besorgnis

Alle Gefährdungen, die mittel- oder langfristig beseitigt oder minimiert werden müssen. 

Gefahr

Gefährdungen, die inakzeptabel sind, weshalb unverzüglich Schutzmaßnahmen vorgenommen werden müssen. 

Entwicklung von Lösungsalternativen / Auswahl

Nach der Ermittlung von Gefährdungen und dem setzen von Zielen sollten nun Lösungsmöglichkeiten ermittelt werden, die bestenfalls direkt an der Quelle ansetzen. Es gibt technische, organisatorischen und personen- und verhaltensbezogene Lösungen. Am besten ist es immer, die Gefahrenquelle zu beseitigen.

Beispiel: Zur Reinigung einer größeren Fläche wird Desinfektionsmittel (ein Gefahrstoff) eingesetzt.

Ansatz an der Gefahrenquelle: Gefahrstoff soll durch ein ungefährlicheres Produkt ersetzt werden.

Eine sicherheitstechnische Maßnahme: Die Reduktion des Kontakts durch Schutzeinrichtungen, sodass die Reinigungskraft nicht mehr mit den Händen an das Desinfektionsmittel gelangt 

Eine organisatorische Maßnahme: Die Arbeitsorganisation und Abläufe so gestalten, dass Gefährdungen vermieden werden. In diesem Fall könnte man die Reinigungsarbeiten außerhalb der Sprechzeiten / außerhalb der Besuchszeiten durchführen.

Nutzung persönlicher Schutzausrüstung: Bei Reinigungsarbeiten sollen Handschuhe und ggf. auch eine Schutzbrille getragen werden.

Die personen- und verhaltensbezogene Maßnahme: Durchführung von regelmäßigen Schulungen zu den Gefährdungen sowie gezielte Unterweisung in den Umgang mit Gefahrstoffen.

Durch- und Umsetzung der Lösung

Es sollte zur Durchführung der Maßnahmen unmissverständlich festgelegt werden, wer was bis wann macht. Die Angestellten sollten des Weiteren in die Definition der Ziele sowie Festlegung der Maßnahmen und die Durchführung miteinbezogen werden. Dadurch wird das Engagement der Angestellten sowie die Akzeptanz der Maßnahmen und deren Erfolg gesteigert.

Die Wirksamkeit der Maßnahmen überprüfen

Im vorletzten Schritt muss die Wirksamkeit der Maßnahmen zu vereinbarten Terminen und regelmäßigen Abständen überprüft werden. Hierbei kann in drei Schritten vorgegangen werden:

  1. Kontrollieren, ob die Maßnahmen termingerecht ausgeführt wurden.
  2. Überprüfen, ob die Gefährdung auch tatsächlich beseitigt wurde und ob eventuell sogar neue Gefährdungen durch die Maßnahmen entstanden sind.
  3. Schriftliches Festhalten der Ergebnisse der Überprüfung.

Sollte die Gefährdung durch die Maßnahmen nicht beseitigt worden sein, muss geklärt werden, woran das liegt und im Zweifel ein Experte zur Hilfe genommen werden. Es müssen erneute Maßnahmen festgelegt werden und abschließend erneut die Wirksamkeit überprüft werden.

Die Gefährdungsbeurteilung fortschreiben

Arbeitsschutz ist ein kontinuierlicher Prozess und ist nie ganz abgeschlossen. Daher sollte die Gefährdungsbeurteilung immer dann fortgeschrieben werden, wenn neue Gefährdungen auftreten. Bei der Fortschreibung der Gefährdungsbeurteilung sollte der Fokus auf die Veränderungen sowie Gefährdungen gelegt werden, die noch nicht beseitigt wurden