QM: Terminmanagement in Arztpraxen

Praxisabläufe so zu optimieren, dass alle zufrieden sind, ist nicht immer einfach.

Für die meisten Patienten ist ihr Anliegen dringend und soll umgehend berücksichtigt werden. In solchen Situationen wird die Terminorganisation für Praxen eine echte Herausforderung denn natürlich wollen die meisten immer gleich und umfassend behandelt werden. Mitunter setzen Patienten dabei vehement ihre Bedürfnisse durch. Hier läuft die Praxis jedoch Gefahr, dass kein planbarer Feierabend und keine Pausen mehr gewährleistet sind und andererseits auch, dass die Termine anderer Patienten nicht mehr verlässlich gelten. Um ein professionelle Terminmanagement umzusetzen, sind klare Strukturen und Regeln zwingend notwendig. Diese sollten sich nach der medizinischen Notwendigkeit und Dringlichkeit richten.

Praxis-Tipp aus der QM-Beratung:

In fünf Punkten zu einem funktionierenden Terminmanagement

  1. Terminkategorien: Am Telefon präsentieren Patienten gegenüber den MFA ihre ganz subjektive Dringlichkeit. Die Dringlichkeit einer telefonischen Terminanfrage kann man anhand bestimmter Kriterien objektiv einschätzen. Diese Kriterien sollten Sie einheitlich in Ihrem Qualitätsmanagement festhalten
  2. Medizinische Dringlichkeit:
    • Handelt es sich um einen Notfall? (Brustschmerzen, Luftnot, Blutung etc.) Zeichnet sich ein Notfall ab, ist der Patient darauf zu verweisen, die 112 anzuwählen. So kann der Patient schnellstmöglich medizinisch versorgt werden und wird in ein Krankenhaus gebracht.
    • Ist der Patient akut erkrankt? (akute Schmerzen, starke Veränderung von ausgeprägten Symptomen in den letzten 24 Stunden vor dem Anruf in Ihrer Praxis, …) Nächstmöglicher Termin wird angeboten, ggf. vorab auf Wartezeiten hinweisen
    • Handelt es sich um eine Routineuntersuchung (Vorsorgen, Kontrollen etc.)? Patient bekommt einen Regeltermin, so wie es die Praxisorganisation hergibt.
  3. Organisatorische Aspekte: Für Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, andere Atteste oder Anfragen der Krankenkasse gilt es ggf. Fristen bei der Terminvergabe zu berücksichtigen
  4. Soziale Aspekte: Die medizinische und pflegerische Versorgung ist sicher zu stellen (dies gilt besonders für pflegebedürftige Menschen), es kann ggf. eine Abstimmung mit den Angehörigen / dem Pflegedienst / der Pflegeeinrichtung erfolgen. Keinesfalls sollte es nur aus sozialen Aspekten zu einer Krankenhauseinweisung führen.
  5. Wirtschaftliche Aspekte: Der Patient sollte nicht auf Grund von Wartezeiten / Terminschwierigkeiten die Arztpraxis wechseln. Darüber hinaus gilt der Grundsatz „ambulant vor stationär“, ein unnötiger Krankenhausaufenthalt ist auch aus wirtschaftlicher Sichtweise zur vermeiden.

Zeiteinteilung und Strukturierung der Abläufe

Um eine optimale und möglichst objektive Terminorganisation zu gewährleisten, sollte das medizinische Personal diese Faktoren im Gespräch mit den Patienten berücksichtigen. Eine gute Lösung ist es, die Zeitblöcke für die Kategorien, die nach der medizinischen Notwendigkeit festgelegt werden, genau zu definieren.

Dies muss in jeder Praxis intern, je nach Fachrichtung entschieden werden. Zum Beispiel hat eine Hausarztpraxis andere Anforderungen an das Terminmanagement als eine dermatologische oder gynäkologische Praxis. Zudem ist darauf zu achten, dass diese Information als eine „Art des Wissensmanagements“ im QM hinterlegt sind. So können auch neue Kollegen sich schnell in neue Arbeitsbereiche einfinden.

Bewährt hat sich zudem eine tägliche, strukturierte offene Sprechstunde (die sogenannte Kurz- oder Notfallsprechstunde) für kurze Termine oder dringende Anfragen. Dabei sollten dennoch ein paar Regeln beachtet und den Patienten bei der Terminvergabe mitgeteilt werden:

  • Es können Wartezeiten entstehen und es geht lediglich um akute Anliegen
  • Die Behandlungsdauer beträgt rund fünf Minuten
  • Weitergehende Untersuchungen erfolgen im Rahmen eines regulären Termin

Kommunikation und Information für Patienten

Wichtig ist es auch, verständliche Patienteninformationen in Form von gut sichtbaren Plakaten oder als Flyer herauszugeben. Dort sollte genau beschrieben werden, wie Praxisabläufe organisiert sind. Dank dieser Informationen können Patienten die Organisation innerhalb der Praxis besser nachvollziehen und verstehen. Die Patienten dürfen auch gerne erfahren, dass sich die Praxis um eine gute Organisation kümmert und Praxisabläufe optimieren möchte. Schreiben Sie ruhig: „Liebe Patientinnen und Patienten, im Rahmen des Qualitätsmanagements arbeiten wir daran, unser Terminmanagement zu verbessern. Wir bieten künftig eine offene Notfallsprechstunde an. …” Patienten werden dies sicher begrüßen. Dass Sie mit der Zeit Ihrer Patienten respektvoll umgehen, zeigt sich auch, wenn Sie dies offen kommunizieren. Hat sich der Terminplan um mehr als 15 Minuten verschoben, sollte dies dem Patienten mitgeteilt werden. Am besten werden fünf Minuten hinzugerechnet. Falls es dann doch schneller geht, wird sich sicher niemand darüber beschweren. Fehlt diese Information über die Verschiebung hingegen, haben Sie schnell einen aufgebrachten Patienten mehr.

QM Vorgaben definieren und standardisiert das Beschwerdebild abfragen

Um die Praxisabläufe bzgl. Der Terminanfragen zu optimieren, eignet es sich einen Gesprächsleitfaden zu erstellen. Anhand dessen kann die MFA das Beschwerdebild des Patienten erfragen. Als praktisch hat es sich erwiesen, den Patienten strukturiert bei der Entscheidung, wie dringend ein Termin vergeben werden sollte, miteinzubeziehen.

Folgende Struktur ist zu empfehlen:

  1. Die medizinische Fachangestellte stellt sich mit Namen vor.
  2. Darauf folgt die Frage, um welches Anliegen es sich handelt.
  3. Geht es um einen Terminwunsch, wird die Dringlichkeit erfragt: „Haben Sie ein dringendes Anliegen oder möchten Sie einen regulären Termin vereinbaren? “. Im weiteren Gesprächsverlauf kann das Beschwerdebild genauer abgefragt werden:
    • Akute Erkrankung (in den letzten drei Tagen bzw. vorbestehende Erkrankung hat sich verschlechtert):
      • Beschwerden erfragen: „Welche Beschwerden haben Sie?“
      • Haben Sie Schmerzen?” Wenn ja, die Intensität mithilfe der Schmerzskala von eins bis zehn abfragen.
      • Dauer der Beschwerdesymptomatik: “Sind die Beschwerden plötzlich aufgetreten, also in den letzten Stunden?” oder “Bestehen die Beschwerden seit 2–3 Tagen oder schon länger, z. B. Wochen?” Bei einer drastischen Verstärkung innerhalb der letzten Stunden ist dem Patienten ggf. die Kontaktaufnahme des Rettungsdienstes oder der Weg in ein Krankenhaus zu empfehlen.
      • Handelt es sich um eine wiederkehrende Erkrankung?”
      • Bei akuten Beschwerden wird dem Patienten ein Termin in der offenen Kurzsprechstunde anbieten. Ist der Patient immobil oder lebt ein einer Pflegeeinrichtung könnte ein Hausbesuch nötig. Dies ist (sofern in der Praxis üblich) entsprechend zu planen.
    • Längere Erkrankung: Beschwerden erfragen: „Welche Beschwerden haben Sie?“
      • Haben Sie Schmerzen?” Wenn ja, die Intensität mithilfe der Schmerzskala von eins bis zehn abfragen.
      • Dauer der Beschwerdesymptomatik: “Sind die Beschwerden plötzlich aufgetreten, also in den letzten Stunden?” oder “Bestehen die Beschwerden seit 2–3 Tagen oder schon länger, z. B. Wochen?”
      • Handelt es sich dabei um eine wiederkehrende Erkrankung bzw. ist die Symptomatik chronisch rezidivierend? Je nach Intensität der Beschwerden einen Termin am selben Tag in der offenen Kurzsprechstunde oder innerhalb von wenigen Tagen in der Regelsprechstunde anbieten
    • Dringendes Anliegen, sozial oder organisatorisch: Termin am gleichen Tag in der offenen Kurzsprechstunde anbieten, dabei Regeln mitteilen
    • Regulärer Termin: Routineuntersuchungen, wie Gesundheitsvorsorge oder Kontrolltermine für chronisch erkrankte Patienten (Disease Management Programme)
  4. Zeitfresser:  Erfahrungswerten zufolge führen zu lange Gespräche zu Rechtfertigungen oder Diskussionen und sind damit klassische Stolperfallen für den reibungslosen Ablauf in einer Arztpraxis. Bis zu 90 Minuten der Zeit werden hier täglich vergeudet. Deshalb ist es wichtig, dass die Mitarbeiter den Patienten souverän durch Gespräche leiten. Gespräche sollten stringent geführt werden, dabei aber auch gleichzeitig wertschätzend sein. Klare Regeln und Kriterien zum Terminmanagement sind dabei hilfreich, um sich nicht auf Rechtfertigungen einzulassen.
  5. Technik: Da sich telefonische Anfragen nicht selten auch auf Rezepte, Überweisungen oder Laborwerte beziehen, ist organisatorisch für die Terminplanung viel gewonnen, wenn Praxen ein „Servicetelefon“ einrichten. Dort können Überweisungen und Rezepte bestellt werden oder Befunde angefordert werden. Am Ende dieser Nummer reicht ein Anrufbeantworter aus, die Anfragen werden zu einer günstigen und festen Zeit abgearbeitet. Außerdem kann die Abarbeitung konzentriert an einem abgeschirmten Ort, fern von den Patientenströmen erfolgen. Wichtig ist aber auch beim Servicetelefon die Kommunikation fester Regeln, z.B. dass ein angefordertes Rezept am nächsten Werktag abgeholt werden kann.

Patientenströme lenken: Online Terminmanagement und Anrufbeantworter

Ergänzend dazu kann ein Online-Terminmanagement die Anrufbelastung in der Arztpraxis erheblich reduzieren. Die Angestellten werden diese Einrichtungen lieben, denn sie führt nachweislich zu einer Entlastung während der Sprechstundenzeiten und einem ruhigeren Arbeitsumfeld. Insbesondere junge Arbeitnehmer haben keine Zeit nachhaltig in der Praxis anzurufen oder vereinbaren Termine gerne außerhalb der telefonischen Erreichbarkeit, so dass gerade diese Zielgruppe die Online-Terminvergabe ausgiebig nutzt.

Abschließend bleibt festzuhalten: Diese fünf hier beschriebenen Aspekte greifen ineinander und machen das Terminmanagement letztlich erfolgreich. Sollen die Abläufe in der Praxis verbessert werden, lohnt sich zuallererst eine Bestandsaufnahme. Sprechen Sie danach mit dem ganzen Team, was verbessert werden könnte. Sinnvoll ist es, mit kleineren Problembereichen zu beginnen und auszuprobieren, was in der eigenen Arztpraxis gut funktionieren könnte. Ein gut arbeitendes Terminmanagement ist ein großes Projekt. Aber die Mühe lohnt sich! Denn nicht nur die Patienten sind zufriedener, sondern auch die Arbeitsbedingungen des ganzen Praxisteams werden verbessert.